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Der Bau der Messe geht rechtlich in Ordnung



Das Regierungspräsidium hat an den Plänen für neue Ausstellungshallen wenig zu mäkeln - 2,5 Millionen Euro für Naturschutz
Die Baugenehmigung für die geplante Landesmesse liegt vor. Doch das Tauziehen um die neue Ausstellungswelt am Flughafen ist damit nicht beendet. Der Streit um das rund 806 Millionen Euro teure Großprojekt wird nun wohl vor Gericht fortgesetzt.

Es war ein eindrucksvoller Zug, der sich gestern gegen 19 Uhr nach Einbruch der Nacht hinter dem Rathaus in Echterdingen in Bewegung setzte. Mit Fackeln bewehrt machten sich rund 150 Gegner der neuen Messe auf zum Protestmarsch in Richtung Filderdenkmal. Denn die Entscheidung des Regierungspräsidiums sei zwar ''nicht überraschend gekommen, aber trotzdem unmöglich'', wetterte Gabi Visintin, die Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Filder - und kündigte weiteren Widerstand an: Nach einem schon zehn Jahre währenden Abwehrkampf gegen die Messe beginne jetzt die gerichtliche Phase, die noch einmal so lange dauern könne (siehe weitere Berichte auf Seite 25).
Acht Stunden zuvor, Punkt 11 Uhr, hatte Regierungspräsident Udo Andriof, der Chef der Genehmigungsbehörde, den Ausstellungshallen auf den Fildern auf einer Pressekonferenz öffentlich und offiziell den Segen erteilt. In einem 170 Seiten starken Schriftsatz mit dem Aktenzeichen ''PG Messe-4261-4'' wird das Plazet minutiös begründet, werden aber auch die Auflagen für die Projektgesellschaft Neue Messe beschrieben. ''Die Prüfung hat ergeben, dass der Bau rechtlich in Ordnung geht'', so Andriofs Fazit. Dass ein Vorhaben dieser Dimension Eingriffe mit sich bringe, sei leider unvermeidlich. Diese würden jedoch nach besten Kräften ausgeglichen.
Bis ins Detail hinein haben sich die Mitarbeiter des Regierungspräsidiums in die Planungen vertieft. Doch am Ende gab es aus Sicht der Prüfbehörde wenig zu mäkeln an den Unterlagen und Argumenten der Projektgesellschaft Neue Messe, während die Messegegner, allen voran die Stadt Leinfelden-Echterdingen und die Schutzgemeinschaft Filder, mit ihren kritischen Anmerkungen zu einzelnen Problemfeldern kaum durchdrangen.

Stichwort Bedarf: Die Frage, ob es überhaupt einer neuen Messe bedarf, hat das Regierungspräsidium eindeutig mit Ja beantwortet - und auf die Bedeutung eines wettbewerbsfähigen Ausstellungszentrums für eine Wirtschaftsregion hingewiesen.

Stichwort Standort: Die reservierte Fläche am Flughafen sei bestens geeignet. Alle Alternativen - etwa der Ausbau der Messe am Killesberg oder das Flughafengelände Böblingen - wären eine schlechtere Wahl.

Stichwort Verkehr: Das Verkehrskonzept für die neue Messe sei überzeugend, da das Gelände direkt am Flughafen und an dem im Zuge von Stuttgart 21 geplanten Filderbahnhof liege. Zudem werde die Messe durch einen eigenen Autobahnanschluss direkt ans überörtliche Straßennetz angebunden.

Stichwort Lärm: Die Lärmbelastung in den Wohngebieten von Leinfelden-Echterdingen sei hoch, verringere sich aber durch den Bau der Messe und die damit verbundene Bündelung des Verkehrs auf neuen Straßen. Dies belegten die Untersuchungen.

Auflage: Der Baustellenbetrieb wird zwischen 24 und 5 Uhr untersagt.

Stichwort Naturschutz: Das Regierungspräsidium stellt fest, dass die mit dem Messebau verbundenen Eingriffe in die Natur nur ''teilweise ausgeglichen'' werden können.

Auflage: Die Neue Messe GmbH muss die Körschmündung renaturieren und eine Ausgleichsabgabe von 2,5 Millionen Euro an den Landesnaturschutzfonds entrichten.

Stichwort Landwirtschaft: Durch die Messe sind nach Ansicht des Regierungspräsidiums sechs Bauern in ihrer Existenz gefährdet. Das lasse sich auch durch Planungsänderungen nicht ändern. Er gehe davon aus, so Andriof, dass die betroffenen Landwirte "umfassend entschädigt werden".

In Politik und Wirtschaft löste die Entscheidung unterschiedliches Echo aus. Wirtschaftsminister Walter Döring (FDP), Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) sowie die Industrie- und Handelskammer begrüßten die Baugenehmigung. ''Wir sind dem Ziel, die Messe 2006 zu eröffnen, näher gekommen'', sagte Schuster. Die Landtagsgrünen forderten, dass angesichts leerer öffentlicher Kassen die Wirtschaft den Messebau finanzieren müsse. Die SPD befürwortet die Messe als ''Schaufenster zur Welt'', kritisierte aber die Landesregierung, die durch ihr Vorgehen insbesondere die Stadt Leinfelden-Echterdingen "massiv verprellt" habe.


Quelle: Stuttgarter Zeitung
Autor: Achim Wörner und Michael Ohnewald
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 13.03.2003
Seite: 19
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